Joe Kaeser (Foto: Peter Himsel)
Joe Kaeser während seiner Begrüßungsansprache (Foto: Peter Himsel)

Die Handbremse lösen

28.01.2020

Podiumsdiskussion in der Berliner Siemensstadt: Mit Offenheit und gemeinsamer Arbeit können die ehrgeizigen Ziele Deutschlands bei Bildung, Wissenschaft und Innovation erreicht werden. Es brauche aber weniger Bedenken und mehr Mut. 

Von Michael Sonnabend

Mit großem Optimismus starteten die Gäste des Stifterverbandes am 16. Januar 2020 in das Jubiläumsjahr. In der festlich dekorierten Mosaikhalle der Siemens AG in Berlin diskutierten hochkarätige Gäste und der Vorstand des Stifterverbandes bei gutem Essen und virtuoser Musik die Zukunft von Forschung und Innovation in Deutschland. 

Den Tenor des Abends prägte dabei Bundesministerin Anja Karliczek. "Wir müssen uns jetzt einfach mal ein paar Dinge trauen, mutiger sein. Wir können nicht länger mit angezogener Handbremse im Auto sitzen. Wir müssen jetzt auch einfach mal machen", sagte die Politikerin mit Blick auf die technologische Erneuerungsfähigkeit Deutschlands.

Impulsvortrag von Joe Kaeser

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Diese Überzeugung teilten auch Karliczeks Mitdiskutanten bei der zentralen Podiumsdiskussion. Der neue Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovationen, Rafael Laguna de la Vera, machte deutlich, dass es hierzulande nicht an Geld oder guten Ideen mangele, sondern an dem Willen, die guten Ideen dann auch mal umzusetzen. Dazu sei er, der Open-Source-Unternehmer, jetzt mit seiner neuen Agentur angetreten. 

Wie es gelingen kann, schneller und besser in die Umsetzung zu kommen, deutete Ola Källenius, der neue Chef der Daimler AG an. Der Schlüsselbegriff hier ist: Offenheit. Nur durch neue Formen von Offenheit könne der grundlegende Transformationsprozess, in dem sich die gesamte Automobilbranche befinde, bewältigt werden. Auch bei Daimler könnten externe Entwickler nun neue Anwendungen einreichen. "Wir öffnen uns der Community", sagte Källenius. "Denn wir wissen, dass wir nicht nur nehmen dürfen, sondern auch geben müssen."

Unternehmen müssen sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten verändern dürfen. Man wird nicht auf Knopfdruck agil.

Foto: Peter Himsel

Ola Källenius

Vorstandsvorsitzender der Daimler AG

Auch die Zusammenarbeit mit Marktkonkurrenten sei heute in der Entwicklung von Innovationen keine Seltenheit mehr. Das Motto heiße: Compete und cooperate. Investitionssummen seien heute so hoch, dass Verbünde notwendig seien.

Ähnliches sieht die neuen Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Katja Becker, auch für den Bereich der Forschung in den Universitäten und staatlichen Forschungseinrichtungen. Offenheit bedeute hier, dass man vorhandenes Wissen in Frage stelle, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Und Mauro Ferrari, der neue Chef des European Research Councils, betonte, wie wichtig Offenheit in der Forschung sei, um die Grenzen in den Köpfen einzureißen.

Podiumsdiskussion mit Tanja Samrotzki, Katja Becker, Mauro Ferrari, Anja Karliczek, Rafael Laguna de la Vera und Ola Källenius

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Bereits in seiner Begrüßungsrede hatte Hausherr und Siemens-Chef Joe Kaeser auf die Verantwortung der Führungseliten hingewiesen, darauf hinzuarbeiten, dass die Gesellschaft nicht in Arm und Reich gespalten werden dürfe. Man dürfe die "Verlierer" der Digitalisierung nicht sich selbst überlassen.

Es sind diese Werte, die Deutschland groß gemacht haben: das Gespür für Qualität, die Ingenieurskunst, Anstand und ein gemeinsames Miteinander. Das ist es auch, was den Stifterverband so groß, so fähig und so leidenschaftlich attraktiv macht, wie er heute ist.

Joe Kaeser (Foto: Peter Himsel)
Foto: Peter Himsel

Joe Kaeser

Vorstandsvorsitzender der Siemens AG

Die Lösung gesellschaftlicher Probleme könne nur aus der Wissenschaft kommen, so Kaeser. "Die Lösung gesellschaftlicher Probleme wird sich nicht freitagsmittags auf den Straßen abspielen, sondern in den Labors der Wissenschaft". Nur über Innovation und gemeinsame Verständigung könne Zukunft allgemeinverträglich gestaltet werden. Deshalb sei es so wichtig, dass Wirtschaft und Wissenschaft im Stifterverband zusammenarbeiteten und so gesellschaftliche Verantwortung übernähmen.