18.02.2020
Viel Prominenz tummelte sich auf der Jahresversammlung des Stifterverbandes 1968. Die Granden der alten Gelehrtenrepublik, der Bundeskanzler, blutjunge Politprominenz und jede Menge Journalisten. Nur Studenten, die suchte man vergebens.
Von Michael Sonnabend
Während Deutschland und der Westen in den 1960er-Jahren von vielfältigen sozialen Bürgerrechtsbewegungen und Studentenprotesten durcheinandergewirbelt werden, scheint beim Stifterverband im Jahr 1968 zumindest nach außen hin noch alles in gewohnten Bahnen zu verlaufen.
Die große sommerliche Jahresversammlung hält der Stifterverband traditionell im beschaulichen Wiesbaden ab. In diesem Jahr nimmt sogar Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger teil, um die Festveranstaltung im ehrwürdigen Kurhaus mit einem Grußwort zu bereichern.
Das verfügbare Bildmaterial im Archiv des Stifterverbandes gibt hier wie so oft tiefe Einblicke in den Zeitgeist der Republik. Ein salutierender Polizist bei der Ankunft des Kanzlers, der mit einem Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes eingeflogen wird, wäre heute wohl kaum noch denkbar.
Überhaupt atmet die bildliche Dokumentation der Veranstaltung noch ganz den Geist der männerdominierten Gelehrtenrepublik. Auch weitere Politprominenz wie der damalige Wissenschaftsminister Gerhard Stoltenberg und der noch blutjung aussehende hessische Kultusminister Bernhard Vogel beehrten an diesem 24. Mai 1968 den Stifterverband.
Die hohe Dichte der Politprominenz ergänzte der Hauptredner des Tages: Der Physiker, Philosoph und Friedensforscher Carl Friedrich von Weizsäcker hielt einen Festvortrag zum Thema "Die Kunst der Prognose".
Fotos: Wolfgang Eckardt
Bei der Pressekonferenz zur Tagung hatte der Vorstandsvorsitzende des Stifterverbandes, Ernst Hellmut Vits, das Finanzergebnis des Stifterverbandes für 1967 verkündet: 29,4 Millionen Mark hatte der Stifterverband an Zuwendungen für seine Arbeit erhalten. Das war zwar etwas weniger als 1966 gewesen. Aber angesichts der damals herrschenden Rezession schien man im Stifterverband durchaus zufrieden mit diesem Ergebnis.
Journalisten waren zu dieser Festveranstaltung wieder aus der ganzen Republik angereist. Auch so ein Aspekt, der heute, in Zeiten des Internets, kaum noch denkbar wäre. Auch die spätere Redakteurs-Ikone der ZEIT, Nina Grunenberg, war an jenem Tag in Wiesbaden zugegen. Ihr kurzer Bericht über die Tagung endete mit den Worten:
Unterrepräsentiert in dieser exklusiven Versammlung waren nur die Studenten: Der einzige, der außer den konzertierenden Mitgliedern des Collegium Musicum der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz aus symbolischer Entfernung sichtbar wurde, war der VDS-Vorsitzende Christoph Ehmann: oben auf der Empore, halb verborgen hinter einer Säule.
Davon gibt es allerdings kein bildliches Zeugnis im Archiv des Stifterverbandes. Schade eigentlich.